Gartendenkmal der 1950er Jahre von Willy Alverdes
Objekttyp: Gartendenkmal von 1953
Lage: östlich des Venusbassins im Großen Tiergarten,
Berlin-Mitte, 10557 Berlin
ÖPNV: S Brandenburger Tor, S Potsdamer Platz
Baujahr: 1953
Architekt/Planer: Willy Alverdes
Bauherr: Magistrat der Stadt Berlin, Gartenverwaltung Tiergarten
Organisationstyp: Arbeitskreis Steppengarten
Auszeichnung: Ferdinand-von-Quast-Medaille
www.steppengarten.de
Gartendirektor Willy Alverdes fügte den Steppengarten 1953 als völlig neues Element in den Großen Tiergarten ein. Hier blühten jahrzehntelang an Sonne und Sand angepasste Stauden und Gräser. Inzwischen haben sich Standortbedingungen und Bepflanzung stark verändert. Seit 2011 wird der Garten ehrenamtlich gepflegt.
„Beginn litt unter Schneefall, nur 25 Mann, nachm. Schneebeseitigung“. Das Bautagebuch erzählt – bei leichtem Frost und unter anhaltenden Schneefällen begannen am 5. Januar 1953 die Bauarbeiten für einen der schönsten Gartenbereiche im Großen Tiergarten.
Schon kurz nach Kriegsende, 1946, entschied der Magistrat der Stadt Berlin, den stark zerstörten Tiergarten als Erholungspark wieder aufzubauen. Der Thüringer Gärtner und Gartenarchitekt Willy Alverdes (1896-1980) leitete die neuen Pflanzungen im Stil eines großzügigen Landschaftsparks. Dabei ging es nicht um eine starre Rekonstruktion, vielmehr um eine zeitgemäße Gestaltung und Anpassung an veränderte Nutzungsansprüche.
So erhielt der neue Tiergarten mehrere Spielplätze für Kinder sowie Sondergärten wie den Rhododendronhain oder eben den Steppengarten. Dabei konnte Alverdes auf seine hervorragenden Pflanzenkenntnisse zurückgreifen – er pflanzte gut angepasste Stauden mit Wildcharakter wie Filziges Hornkraut, Dorniger Hauhechel, Walzen-Wolfsmilch. Aber auch leuchtende Blüten wie roten Mohn, blaue Iris, dunkelrote Strauchrosen. Schon im April 1953 war der Garten fertiggestellt, durchschnittlich arbeiteten 63 Mann auf der Baustelle. Die Pflanzen kamen aus der eigenen bezirkseigenen Gärtnerei.
Nach der deutsch-deutschen Teilung und dem Bau der nun erforderlichen ‚Entlastungsstraße‘ wenige Meter hinter dem Brandenburger Tor litt der Steppengarten unter dem Lärm und Gestank der nahen Autostraße. Doch erst die rigorose Sparpolitik der folgenden Jahrzehnte, Stellenabbau und Vernachlässigung der klassischen Gartenpflege führten fast zum völligen Verlust des Gartendenkmals.
Im Zuge der gartendenkmalpflegerischen Umgestaltung des östlichen Tiergartens Anfang des neuen Jahrtausends wurde auch der Steppengarten überarbeitet. Ende 2009 neu bepflanzt, hatten die neuen Stauden und Gräser ohne Pflege jedoch keine Chance. Eine Bestandsaufnahme im Jahr 2011 ergab einen Verlust von ca. 50% der neuen Anpflanzung.
Seit 2011 kümmert sich eine kleine Gruppe von Gärtnern, Landschaftsgestaltern, Gartendenkmalpflegern, Anwohnern, Besuchern und Laiengärtnern um die Pflege und Entwicklung des Steppengartens. Nach und nach werden Teilstücke von Wildkraut befreit, mit mineralischem Mulch (Sand) versehen und mit standortgerechten Stauden und Gräsern bepflanzt.
Ziel ist es, trotz der stark veränderten natürlichen Standortbedingungen, den Charakter der Steppe mit wehenden Gräsern und duftenden Stauden darzustellen.
Der Arbeitskreis finanziert das Pflanzenmaterial aus Spenden sowie Fördermitteln des Bezirks für ehrenamtliche Arbeit. 2018 wurden zum ersten Mal Mittel für die fachgerechte Staudenpflege durch das Grünflächenamt zur Verfügung gestellt, die jedoch jedes Jahr erneut verhandelt werden müssen.
Quelle
Katrin Lesser: Großer Tiergarten mit Englischem Garten. In: Gartendenkmale in Berlin. Nachkriegszeit bis Ende der Sechziger Jahre. Michael Imhof Verlag 2018. S.96-105.
Kontakt
Dr.-Ing. Gabriele Holst
Agricolastraße 3, 10555 Berlin
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