Organisation/Initiative: AG Ortsgestaltung im Ortsverein Grünau e.V.
Gesetzlicher Vertreter: Nils-R. Schultze, Mobil: 0172-3997739
Lage des Objekts: Regattastraße 161, 12527 Berlin Treptow-Köpenick, OT Grünau
Bauzeit und Architekten: 1874-1888, ab 1920 Erweiterungsbauten durch Otto Gerth
Charakter: Verfallendes Ensemble mit Gesellschaftshaus, Tanzhaus und Bootssteegen
Historische Nutzung: Regattastrecke und Ausflugslokal, ab 1920 diverse Erweiterungsbauten
Denkmalstatus: 1977 Eintrag in die Berliner Denkmalliste
Situation heute: seit 1990 unter Treuhandverwaltung,
nach Verkauf 2006 an einen privaten Investor akut vom Verfall bedroht,
bei einem Brand am 16.6.2019 entstanden erhebliche Schäden
Kontakt: info@riviera-retten.de
Website: www.riviera-retten.de
Textbeitrag: Nils-R. Schultze, 11.04.2019
für die AG Ortsgestaltung Berlin-Grünau:
Anstatt Sport und Naherholung für die Berliner bald nur noch Luxuswohnungen für Senioren im Südosten von Berlin
Die AG Ortsgestaltung kümmert sich seit Jahren um die Entwicklung des Ortsteiles Berlin-Grünau. Dabei steht die Einzigartigkeit der Verbindung von Weltklassesport und Naherholung für alle Berliner als Eigenart des Ortsteiles Berlin-Grünau im Mittelpunkt. Für dieses spezielle Flair war der Ort in der Vergangenheit berühmt und soll es nach dem Willen der Bewohner auch in Zukunft sein. Aus Grünau kamen unzählige Olympiasieger in den Wassersportarten und hier steht die Olympiaregattastrecke von 1936.
Seit über 100 Jahren gehörten zum Wassersport unzählige Großgaststätten an den Ufern des Langen Sees. Direkt mit Blick auf das Ziel der Regattastrecke gelegen, waren Riviera und Gesellschaftshaus die letzten großen identitätsstiftenden Ausflugssäle der Region. Sobald das Wetter es zuließ, fuhren die Berliner ins Grüne. Die angeschlossenen Biergärten der Riviera und des Gesellschaftshauses waren den ganzen Sommer gut besucht. Das Besondere und der Namensgeber für das Gelände war der große Garten im mediterranen Stil der Riviera. Seit der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert wurde hier Musik gespielt, getrunken und gefeiert. Hier fanden das ganze Jahr über Bälle und Feiern, gern auch Veranstaltungen des Sports statt.
Nun werden die Denkmäler fast vollständig abgerissen bzw. sind schon alle Teile der Riviera bis auf den Saal zerstört. Trotz eines Konzeptes und Investoren für ein Kongresszentrum mit Ausrichtung auf den benachbarten Wissenschaftsstandort Berlin-Adlershof entschied sich die Stadtplanung Treptow Köpenick für ein Seniorenheim. Der Lärm einer Gaststätte sei der Umgebung nicht zuzumuten.
Im Januar 2016 holten die Architekten des Kongresszentrums die Prämissen für den Bau eines Kongresszentrums mit Rettung und neuer Nutzung der Säle beim Stadtplanungsamt ein. Die Säle sollten beide erhalten werden, eine teilweise Bebauung der Freiflächen war geplant. Die Bürgerschaft von Grünau forderte in einem Einwohnerantrag die Aufstellung eines B-Planes, um die Nutzung der Gaststätten zu sichern. Diese Idee widersprach den Vorstellungen des Stadtplanungsamtes, welches an dieser Stelle Seniorenwohnen favorisierte. Der Einwohnerantrag wurde 9 Monate verschleppt und im Februar 2017 zauberte das Stadtplanungsamt die genehmigte Bauvoranfrage für ein Seniorenwohnen aus dem Hut. An allen Gremien vorbei, ohne Kenntnis im Senat für Stadtentwicklung und ohne Kenntnis beim bezirklichen Stadtplanungsausschuss war das Bauvorhaben genehmigt worden und das Grundstück auch schon verkauft. Dem Landesdenkmalamt war die Lösung als alternativlos dargestellt worden, um so an die Zustimmung zu kommen.
Alle Betroffen waren geschockt beim Anblick der Pläne. Lediglich ein Saal wird erhalten, ein zweiter bleibt in seinen Grundmauern zwar bestehen, jedoch werden Decken eingezogen und Wohnungen eingebaut. Alle anderen Denkmalbestandteile werden zerstört. Und noch schlimmer, alles wird so groß und dicht bebaut, wie sonst nirgendwo in der Gegend vorhanden. Der Blick aufs Wasser bleibt zukünftig den wohlhabenen Senioren vorbehalten, die Gaststätte im historischen Saal bekommt lediglich ein paar Plätze an der dahinter liegenden Straße, die Gaststätte soll ausdrücklich keine überregionale Bedeutung haben.
Für bestimmte Investoren wird das Baurecht offenbar speziell ausgelegt:
Die hundertjährige Platane darf fallen, in der benachbarten öffentlichen Grünanlage werden alte Bäume gefällt, damit Grenzbebauung möglich wird, auf Abstandsflächen wird verzichtet und der Bezirk kauft extra Land an, um dem Investor den roten Teppich auszurollen. Mit Änderungswünschen biss auch die Senatsbaudirektorin Frau Lüscher beim Investor auf Granit.
Diese Art der Stadtzerstörung dürfte dem Investor mit dem Segen des Stadtplanungsamtes und dem Bezirk Treptow-Köpenick satte Gewinne in Millionenhöhe bescheren. Dafür verliert Berlin den traditionellen Erholungs- und Sportort und die Bürger den Glauben an unsere Demokratie. Ein weiteres Stück Wasser wird erfolgreich für höchstpreisiges Wohnen der öffentlichen Nutzung entzogen. Und für die zukünftige Nutzung der Regattastrecke sind die Probleme vorprogrammiert. Da werden dann für eine Olympiabewerbung Berlins wieder ganz andere Summen aus der Tasche des Steuerzahlers fällig.
Text: Nils R. Schultze (11.04.2019)
Weitere Infos finden Sie unter www.riviera-retten.de