VDL-Tagung zur „Teilhabe in der Denkmalpflege“,
Collini-Center, Barock, Brutalismus und Postmoderne –
ein kurzer Reisebericht vom bundesweiten Netzwerktreffen
der Roten Listen auf Schloss Mannheim
Gut, fruchtbar und spannend war es: Im Rahmen der Jahrestagung der VDL (Vereinigung der Denkmalfachämter in den Ländern) auf Schloss Mannheim haben wir fürs KulturerbeNetz.Berlin bei einem bundesweiten Vernetzungstreffen am Sonntag unsere „Rote Liste bedrohter Bauten in Berlin“ präsentiert und mit den Kolleg*innen anderer Initiativen sowie einigen der rund 300 aus den Ländern angereisten amtlichen Denkmalpfleger*innen „genetzwerkt“.
Neben dem Kulturerbenetz waren bei unserem Netzwerktreffen auch Vertreter*innen unserer Mitveranstalter*innen vom Denkmalnetz Bayern und Deutscher Verband für Kunstgeschichte sowie viele weitere interessante Akteur*innen dabei, etwa Architects for Future, Denkmalverein Hamburg, SOSBrutalism, moderne-regional.de, Orangene Liste oder Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz.
Auf Basis der verschiedenen Erfahrungen und technisch-kommunikativen Ansätze entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, die später informell noch weiter fortgesetzt wurde. Sie soll zukünftig im Rahmen einer noch engeren Kooperation und mit Schaffung neuer, über die Sphäre der klassischen Denkmalpflege hinausreichender Allianzen fortgeführt werden.
(s. Save-the-date unten)
Der Rahmen des Netzwerktreffens war bewusst gewählt, ging es bei der Jahrestagung der Denkmalbehörden doch dieses Jahr um das Thema „Teilhabe in der Denkmalpflege“. Hier können Roten Listen und ihre Herausgeber*innen sowohl die Rolle des unbequem Mahnenden als auch des thematisch versierten Sparrings-Partners übernehmen, welcher ohne politische Sachzwänge die Interessen und Belange der Denkmalpflege in die Medien- und Stadt-Öffentlichkeit tragen, offensiv und unabhängig vertreten kann.
So kann es idealerweise laufen, muss es aber nicht: Ein Eindruck aus Mannheim war nämlich leider auch, dass von Seiten der amtlichen Denkmalpflege der einzelnen Bundesländer Teilhabe und Partizipation zu oft nur als „zusätzliche Arbeit“ angesehen wird und somit das große Potenzial und der oft durchaus gegebene Sachverstand der ehrenamtlichen Initiativen mitunter nicht wertgeschätzt und als Schatz gehoben wird. Dies wäre aber wünschenswert, um gute und fruchtbare Kooperationen, Projekte und frühzeitige demokratische Aushandlungsprozesse (etwa über Sicherung, Instandsetzung, neue Betriebsmodelle, Vermittlung etc.) entstehen zu lassen beziehungsweise diese sogar aktiv zu stimulieren.
Diese Ambivalenz der Wertschätzung schlug sich dann auch in einem mit digitalen Tools in Echtzeit eingeholten Stimmungsbild nieder, das von dem (laut Teilnehmerliste zu rund 95% behördlich eingebundenen) Publikum abgefragt wurde. Für einen spannende Impuls sorgte auch der Vortrag von Prof. Dr. Dr. Dimitrij Davydov zum Thema Verbandsklagerecht.
Ein Protokoll der Sitzung befindet sich in Vorbereitung und wird in den kommenden Wochen u.a. hier auf den Seiten des KulturerbeNetz als PDF veröffentlicht sowie an alle Teilnehmenden per Mail versendet.
Save-the-date fürs nächste Treffen
Bereits beschlossen wurde der Ort des nächsten Vernetzungstreffens: Dieses wird im Rahmen der Denkmalmesse Leipzig, vmtl. am Fr, den 8.11.2024 stattfinden. Nähere Infos werden wir auf der Website des KulturerbeNetz.Berlin und im Rahmen unserer Jour fixe-Termine noch bekannt geben (s.u.).
Reisebericht, Teil 2
Architektur-Impressionen aus Mannheim
Am Montag vormittag fand sich dann zumindest auch ein wenig Zeit für einen kurzen Foto- und Architekturspaziergang durch die sogenannte „Quadratestadt“. Hier fällt die Orientierung leicht: In der rasterartig angelegten „Altstadt“ von Mannheim lautet eine Adresse etwa – quadratisch, praktisch, gut – schlicht „F7“ und ist entsprechend leicht zu finden. Jenes F7 hatte ich beispielsweise aufgesucht, weil hier ein interessantes brutalistisches Wohnhaus von Karlfried Mutschler + Partner steht.
Auch wenn der Stadtgrundriss aus dem Barock stammt, finden sich in der stark kriegszerstörten Altstadt auch viele Bauten der Nachkriegsmoderne sowie der Postmoderne. Schon aufgrund der Größe besonders eindrucksvoll ist aber das von Karl Schmucker entworfene,ebenfalls im Stil des Brutalismus gehaltene, vom Abriss bedrohte Collini-Center am Ufer des Neckar (vgl. Abb. 1–5 oben).
Wer die Ursachen für den bunten Mix an Architekturstilen verstehen will, begibt sich am besten ins Stadtarchiv „Marchivum“, wo eine gut gestaltete Ausstellung und Multimedia-Installation höchst kompakt zur Stadtgeschichte von Mannheim informiert, indem historische Pläne und Stadtgrundrisse sowie neue Trassen und Verkehrswege auf ein heutiges 3D-Modell projiziert und akustisch kommentiert werden.
(Anmerkung: Reisebericht von Ben Buschfeld, Die kompletten Abb. 5–10 sowie Bildunterschriften finden Sie auf www.facebook.com/kulturerbenetz)